Filmkritik zu:
Nymph()maniac
von Reinhard
Über den Film:
Wie angelt man? Man braucht einen guten Köder und ein passendes Zielobjekt. Dann wirft man die Angel aus und ist geduldig. Manchmal muss man lang warten, manchmal beißen alle gleichzeitig an. Und dabei ist es egal, ob man Fischen oder Männern meint.
So beginnt die Lebensbeichte von Joe. Diese erzählt Sie dem älteren Seligmann, der sie, übel zugerichtet, auf der Straße gefunden hat. Eine Beichte, denn Sie hat ja gesündigt. Eine Idee, für die sie gleich von Seligmann getadelt wird. Den beide sind nicht religiös und sie solle doch nicht die schlimmste Idee der Religionen übernehmen. Er selbst ist Junggeselle, sie ist Nymphomanin.
Und so erzählt Sie in acht Geschichten aus ihrem Leben. Beginnend von der Zugfahrt mit ihrer Freundin, bei der es um Männer und Süßigkeiten geht, ebenso über Mrs. H. Denn die meisten Personen in diesem Film haben keinen Namen. Es wird oft nur der erste Buchstabe des Namens genannt. Nur den wichtigsten wird ein kompletter Name zugestanden, so wie Jerôme.
Es geht aber auch um ihren Vater und ihr Liebe zu ihm. Doch hauptsächlich um ihre Lust, die Suche nach dem ultimativen Kick. Denn sie erwartet dass der Sonnenaufgang jeden Tag schöner ist als der vom Tag davor. Dabei es ist ihr egal ob sie dadurch Existenzen, ganze Familien, zerstört. Und das macht sie schließlich zu einem schlechten Menschen. Deshalb brauche sie die Buße.
Ein Kernelement ist dabei ihre Beziehung zu ihrem Vater, Christian Slater, den sie abgöttisch liebt. Von diesem erbt sie die Liebe zu Bäumen. Aber selbst als er im Krankenhaus liegt treibt es sie in den Keller desselben, um mit irgendwelchen Typen zu ficken.
So sehen wir zu, wie die junge Frau erwachsen wird, in diesem 4-Stunden-Film. Den man, wenn irgend möglich, am Stück sehen sollte. Den etwa zur Halbzeit wird, einfach so, die Schauspielerin der Hauptperson ausgetauscht. Ohne das da groß ein Zeitsprung wäre. Spielt zuerst die junge Stacy Martin dass naive Fickchen, so zeigt danach die abgeklärtere Charlotte Gainsbourg ihr Können in den weiteren Kapiteln. Kapitel, die jede Einzelne in einem eigenen Look gehalten sind. Ob das schwarz/weiß ist oder mit einer deutlichen Körnung. Doch fast immer mit schlechtem Wetter, vieles spielt nachts und häufig schneit es. Wie immer in solchen Filmen ist das ein Spiegelbild der Seelenzustände.
Manche der Geschichten sind genial komponiert. So wie der Dreiklang nach dem Orgelbüchlein von Bach, die es verstehen den Zuschauer mitzunehmen. Andere Teile, wie die ihrer Selbstständigkeit, erscheinen mir aufgesetzt.
Auch der alte Junggeselle Seligmann, Stellan Skarsgård, bleibt lange blass. Er steuert Anekdoten bei die, mehr oder weniger passend, die Geschichten kommentieren. Sein eigentliches „Geheimnis“ ist jedoch bald gelüftet. Seine Moral ist dabei recht einfach. Er stellt sich immer auf die Seite der Frau, egal was diese macht, er findet eine Erklärung, eine Ausrede. Kurz, er vergibt ihr. Etwas das Joe nicht über sich selbst sagen kann.
Der Film selbst ist dabei nicht moralisch. Er zeigt häufig den Akt. Nicht in schönen, weichgezichneten Bildern wie in einem Porno. Sondern eher die ungeschminkte Wahrheit. Und wenn diese brutal und voller Schmerzen ist, dann wird eben das gezeigt.
Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb ist der Film, bei aller berechtigten Kritik, genial.
Technisches:
Regie: Lars von Trier Andere Filme: Melancholia (2011), Antichrist (2009), Dogville (2003), Breaking the Waves (1996)
Buch: Lars von Trier Andere Filme: Antichrist (2009), Dogville (2003), Breaking the Waves (1996)
Darsteller:
- Charlotte Gainsbourg (als Joe) Andere Filme: Melancholia (2011), Antichrist (2009), Anleitung zum Träumen (2006)
- Stellan Skarsgård (als Seligman) Andere Filme: Thor – The Dark Kingdom (2013), Melancholia (2011), Fluch der Karibik 2 (2006)
- Stacy Martin (als Joe als junges Mädchen) Andere Filme: –
- Shia LaBeouf (als Jerôme) Andere Filme: The Company You Keep – Die Akte Grant (2012), Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels (2008), Transformers (2007)
Kamera: Manuel Alberto Claro Andere Filme: Melancholia (2011), Kandidaten (2008), Liv (2006)
Sound Designer: Kristian Eidnes Andersen Andere Filme: The Weight of Elephants (2013), Melancholia (2011), Antichrist (2009)
Verleih: Concorde Filmverleih
FSK: 16
Laufzeit: 118 Min. + 124 Min.
Genre: Drama
Kinostart: 03. April 2014
Homepage: http://www.nymphomaniacthemovie.com/
Wikipedia: wiki
IMDB: imdb Vol I und imdb Vol I