Filmkritik zu:
Meister der Träume
von Reinhard
gesehen auf dem Riff 2017
Über den Film:
Zuerst war Hollywood, dann kam Bollywood, hier ist Nothingwood. Nothingwood, weil die nichts haben. Kein Geld, kein Equipment. Manchmal auch keine Story. Aber immer Enthusiasmus.
Und von dem hat Salim Shaheen genug für zwei Leben. Er ist ein Kinoverrückter. Vielleicht _der_ Kinoverrückte in Afghanistan. Einer der seit seiner frühesten Kindheit sich immer wieder ins Kino schlich, um die Bollywoodstreifen anzuschauen. Was weder dem Vater noch den Brüdern gefiel. Also wurde er so lange verprügelt, bis er versprach, es bleibe zu lassen. Nur um am nächsten Tag sich wieder ins Kino zu stehlen.
So jedenfalls beschreibt der Filmemacher selbst sein Leben, über das er gerade einen Film dreht. Einen von Vieren, die er aktuell parallel produziert. Einer von über hundert die er gemacht hat. Und Sonia Kronlund ist mitten dabei und machte diese Doku über den Filmemacher.
Anders als andere Dokumentarfilmer ist sie dabei nicht unsichtbar. Die bekannte Journalistin ist sogar sehr präsent in diesem von Männern geprägten Beruf. Und es kommen auch kaum andere Frauen vor, ganz egal wie oft sie nach denen fragt. Nur die eine Hauptdarstellerin in Shaheens Filmen kommt öfters ins Bild, ist mehr als nur Beiwerk.
Aber es ist natürlich Shaheen der alles dominiert. Da wird auch mal die Kamera der Dokumentarfilmer requiriert, samt Kameramann. Oder er singt und tanzt den Schauspielern ihre Szene vor. Und ganze Dörfer bindet er in seine Filme ein. Und jeder macht gerne bei dem berühmten Filmemacher mit.
Unter dieser ersten Schicht geht es aber weiter, tiefer. Tief in die jüngere, wie ältere, Geschichte von Afghanistan. Über den Einmarsch der sowjetischen Truppen, die im Nachhinein gar nicht so schlimm war. Im Nachhinein, weil man es dann mit den Taliban vergleicht. Und eine der starken Szenen im Film findet in den leeren Felsaussparungen statt, wo bis vor ein paar Jahren die berühmten Buddha Statuen standen. Jene, die dann die Taliban sprengte. Reine Barbarei, wie auch Shaheen findet.
Aber auch das die Frauen und Töchter von Shaheen nicht im Film auftauchen ist ein Statement. Denn andere Ehemänner haben damit weniger Probleme. Afghanistan ist eben doch kein westliches Land. Ob es das werden kann, werden soll ist aber auch gar nicht Thema. Oder doch?
Wenn immer wieder über Anschläge der Taliban berichtet wird bei denen so-und-soviele Menschen umkommen. Und der Filmemacher darauf besteht, dass jeder einen festen Zeitpunkt des Todes hat. Und es daher gar nichts bringt, sich über so Sachen wie Mienenfelder Gedanken zu machen. Welche Chance hat so ein Land. Auch wenn dessen Landschaft so unglaublich schön ist, wie man in einigen Einstellungen sieht.
Und doch kann man sich in dieses Lebensgefühl verlieben. Diese Dokumentation macht jedenfalls alles damit das passiert. Und das die negativen Seiten nicht ausgespart werden mach es nur noch Ehrlicher, Vertrauenswürdiger.
Von mir bekommt er daher vier von sechs Hüten.
Technisches:
Andere Titel:
- Prince of Nothingwood
- Nothingwood
Regie: Sonia Kronlund Andere Filme: Zapping international (2005)
Darsteller:
- Sonia Kronlund Andere Filme: –
- Salim Shaheen Andere Filme: –
- Qurban Ali Andere Filme: –
Kamera: Alexander Nanau Andere Filme: Toto si surorile lui (2014), Lumea vãzutã de Ion B. (2009), Peter Zadek inszeniert Peer Gynt (2006)
Musik: Martin Caraux Andere Filme: Der Landarzt von Chaussy (2016), Boomerang (2015), Die schönen Tage (2013)
Verleih: temperclayfilm production & distribution GbR
FSK: noch unbekannt (aber bestimmt nicht schlimmer als 6j)
Laufzeit: 85 Minuten
Genre: Dokumentation
Kinostart: 08. Februar 2018
IMDB: imdb