Filmkritik zu:
The Party
von Reinhard
Über den Film:
Die Welt ist untergegangen. Und die letzte, intellektuellen, Geister treffen sich in einer Wohnung, zu irgendeiner Party. So ungefähr muss für diese die Hölle aussehen.
D. h. die Welt ist doch nicht untergegangen. Obwohl, wer weiß das schon. Jedenfalls treffen sich ein knappes halbes Dutzend Leute. Die Gastgeberin, deren Mann sich schon betrinkt. Die zynische Kampflesbe mit ihrem Aphorismen absondernden Mann. Die echte Lesbe mit ihrer Frau. Der Bänker, der überhaupt nicht in diese Kreise passt, und seine Frau, über die nur das Beste erzählt wird. D. h. Letztere ist verhindert, kommt etwas später.
Die Gastgeberin hat ihre Berufung in das Kabinett als Gesundheitsministerin gerade erhalten. O. k., in das Schattenkabinett ihrer Partei. Aber wer kann das schon von sich behaupten. Jedenfalls ist das auch der Anlass des Treffens. Aber nicht die einzige Neuigkeit, die an diesem Abend verkündet wird.
Die schwangere Frau der Frau hat etwas zu sagen und alle sind glücklich. Und der betrunkene, Platten auflegende, Ehemann der Gastgeberin hat auch etwas zu sagen. Und ab da geht es nur um ihn. Dabei gibt es noch mehr die da sind, nur nicht anwesend. Geheime Telefongespräche werden geführt, unverständliche Nachrichten werden ausgetauscht.
Jedenfalls ist der Bänker auffallend nervös. Und das der Nachtisch verbrennen ist da auch kein Wunder. Das ist aber nicht das Einzige, das an diesem Abend in Rauch aufgeht. Und der Rauchmelder, der letzter Warner in dieser Situation, geht den Weg von allem das nur noch nervt.
Dabei nervt der Film auch kräftig. Denn die intellektuellen Phrasen sind nur noch ausgelutscht. Keiner glaubt mehr dran. Nicht die Drehbuchautorin, nicht die Schauspieler und ganz bestimmt nicht die Zuschauer. Es ist aber auch gar nicht geplant das dies irgendjemand ernst nimmt. Es soll nur den Zustand dieser Gesellschaft aufzeigen. Und das funktioniert auch sehr gut. Aber nerven tut es trotzdem.
Lange Zeit, wenigstens bis zur Mitte des Films, ist es auch einfach abgefilmtes Theater, auch wenn hier kein Theaterstück als Vorlage dient. Aber alles sind ausgebildete Theaterleute. Die machen das schon professionell. Nur nicht wirklich glaubwürdig.
Das ändert sich, erst als ein neues Element in die Diskussion eingestreut wird. Ab da gibt es keine Sprüche mehr. Höchsten von dem Ehemann der Kampflesbe, der souverän von Bruno Ganz gespielt wird. Ab da geht es wirklich um Grundsätzliches. Und der übliche, intellektuellen, Small Talk hat da kein Vokabular für. Also wird da auch mal Klartext geredet. Und da zeigt sich, wie gut die Schauspieler wirklich sind.
Eben noch hole Phrasen. Jetzt Gefühl, Ausdruck und Glaubwürdigkeit. Und plötzlich funktioniert der Film. Die Personen werden dreidimensional und greifbar. Die Geschichte nimmt Fahrt auf, und entschädigt für die Zeit, die man investiert hat.
Diese, vielleicht letztes, Drittel, ist grandios. Sowohl vom Spiel als auch vom Drehbuch, neue Ideen beleben das Ensemble.
Und deshalb kann ich ihn auch empfehlen. Denn während ich lange überlegt habe, ob er auch nur vier Hüte verdient hat, steht fest, es sind dann doch fünf von sechs Hüten geworden.
Technisches:
Regie:
Sally Potter Andere Filme: Ginger & Rosa (2012), Yes (2004), Orlando (1992)
Buch:
Sally Potter Andere Filme: Ginger & Rosa (2012), Yes (2004), Orlando (1992)
Schauspieler:
- Patricia Clarkson (als April) Andere Filme: Maze Runner – Die Auserwählten im Labyrinth (2014), Shutter Island (2010), Lars und die Frauen (2007)
- Bruno Ganz (als Gottfried) Andere Filme: In Zeiten des abnehmenden Lichts (2017), Nachtzug nach Lissabon (2013), Der Untergang (2004)
- Cillian Murphy (als Tom) Andere Filme: Dunkirk (2017), Free Fire (2016), The Dark Knight Rises (2012)
Kamera:
Aleksei Rodionov Andere Filme: Yes (2004), Eisenstein (2000), Orlando (1992)
Verleih: Weltkino.de
Laufzeit: 71 Minuten
Genre: Drama
Kinostart: 27. Juli 2017
wiki: wiki
IMDB: imdb