Filmkritik zu:
Styx
von Reinhard
Über den Film:
Rieke ist Ärztin. Und das ist wichtig für die Geschichte. Und nicht irgendeine Ärztin. Sie steht als Notfallärztin ihren Mann. Die Eingangsszene macht das deutlich.
Aber der Film beginnt mit ihrem Urlaub.
Flug nach Spanien, aber nicht an den Stand. Sie geht mit einer 12-Meter-Jacht allein auf das Meer. Ziel ist eine einsame Insel, irgendwo im südlichen Atlantik.
Es sind diese ersten Minuten des Films, der eine Ruhe, eine Kraft ausstrahlt. Ganz anders als das, was wenig später kommt. Auch werden in bemerkenswert schönen Bildern diese Tage auf dem Meer gezeigt. Untermalt von Bildern dieser Insel, dessen Jungle, wenn die Geschichte nicht erfunden ist, von Charles Darwin angelegt wurde.
Aber diese Zeit der Ruhe ist vorbei, als sie etwas später etwas sehr Ungewöhnliches hört, Hilferufe. Ein Fischkutter, der über Nacht nicht weit von ihrem Boot ein Problem mit der Maschine hat. Er treibt, und ist überfüllt mit Menschen.
Offensichtlich Flüchtlinge die auf diese Weise versuchen der Lage in ihrem Land zu entkommen, welches das auch im immer genau ist. Die gefährliche Überfahrt, sicherlich mit dem Ziel Europa, ist allemal besser als das Leben und Sterben in der Heimat.
Aber aktuell geht es nicht voran. Ohne funktionierenden Motor geht es nirgendwo hin.
Aber was kann die Deutsche machen? Ihr Boot ist viel zu klein für die vielen Menschen. So wird die Küstenwache informiert. Hilfe ist auf dem Weg, so heißt es. Und das Warten beginnt.
Und so wie zuvor die Schönheit des Meeres gezeigt wird, ist jetzt, eigentlich immer, das Boot der Flüchtlinge zu sehen. Und selbst wenn sie unter Deck ist, man hört diese. Und das Warten zehrt an den Nerven. Denn es passiert nichts. Kein Schiff taucht auf, keine Hilfe erscheint.
Was kann die Deutsche da machen?
Was kann eine Nation mit achtzig Millionen Menschen machen, wenn ein- oder zwei Millionen Flüchtlinge an den Grenzen stehen? Was ist passiert, als viele davon hereingelassen wurden. Ist die Welt untergegangen? Soweit ich sehe, ist dem nicht so.
Aber was für die meisten von uns eine akademische Diskussion ist, ist in diesem Film eine ganz konkrete Frage. Kann ich helfen? Wie kann ich helfen? Oder soll ich es wie der Container Kapitän machen, und einfach weiterfahren?
Darf ich das, oder verliere ich dann nicht meine Menschlichkeit? Hier ist es keine Diskussion, die man mit Freunden bei einem Glas wein führt. Es ist überhaupt keine Diskussion. Es wird überhaupt wenig geredet in diesem Film. Selbst dann nicht, als der zweite Protagonist auftaucht.
Was es zu sagen gibt, sagen die Bilder. Oft die Gesichter von Rieke und dem Jungen, der es schafft, zu ihrem Boot zu schwimmen. Eine unglaubliche Entdeckung, dieser Junge. Ich habe leider vergessen zu fragen, inwieweit das womöglich seine persönliche Erfahrung ist. Aber sicher kennt er mehr Geschichten als wir alle.
Jedenfalls ist das kein Lehrstück. Keine Gutmenschengeschichten. Denn es gibt keinen Ausweg. Keine Hilfe, keine Lösung, bei der man sich nicht schuldig machen würde.
Und es ist das Kunstwerk in diesen 94 Minuten, von denen nicht eine langweilig ist.
Ich wünsche dem Film viele Zuschauer im Kino. Aber da der WDR und Arte als Co-Produzent mit dabei waren, kommt es sicherlich auch schnell ins Fernsehen. Und ich hoffe das er dort viel Menschen erreicht.
Von mir bekommt er dicke sechs von sechs Hüten. Für diese geniale Umsetzung dieses schwierigen Themas.
Nachtrag: Die Insel, die das ursprüngliche Ziel der Reise war, gibt es wirklich. Sie heißt Ascension und liegt etwa auf halber Strecke zwischen Brasilien und Angola, im südlichen Atlantik. Auch das Ökosystem, der ursprünglich kargen Insel, wurde nach den Plänen von Darwin erfolgreich umgestaltet.
Technisches:
Regie: Wolfgang Fischer Andere Filme: Was du nicht siehst (2009), Grau (2001)
Buch:
- Wolfgang Fischer Andere Filme: Was du nicht siehst (2009), Grau (2001)
- Ika Künzel Andere Filme: –
Schauspieler:
- Susanne Wolff (als Rieke) Andere Filme: Rückkehr nach Montauk (2017), Die drei Musketiere (2011), Das Fremde in mir (2008)
- Gedion Oduor Wekesa (als Kingsley) Andere Filme: –
Kamera: Benedict Neuenfels Andere Filme: Die Hölle – Inferno (2017), Mahler auf der Couch (2010), Die Fälscher (2007)
Verleih: Zorro Film GmbH
FSK: 12
Laufzeit: 95 Minuten
Genre: Drama
Kinostart: 13. September 2018