Filmkritik zu:
Transit
von Reinhard
Über den Film:
Ein Mann flüchtet.
D. h. er sitzt in Paris und erwartet die Ankunft der Gottlosen Horden. Ein Freund bittet ihn um einen Botengang. Dafür wird ihm eine Möglichkeit geboten, nach Marseille zu kommen.
Doch der Empfänger der Briefe ist nicht mehr. Er hat am letzten Abend, wie die Hotelierin erzählt, seinen eigenen Ausweg gewählt. So finden die Briefe keinen Abnehmer. Auch das Manuskript dessen Buchs geht in seinen Besitz über.
So ausgestattet erfolgt die Flucht in den Süden. Näher an die Freiheit. Und doch, bevor er den Überseedampfer besteigen kann, sind noch viele Hindernisse zu überwinden. Da ist zuerst, und immer wieder, die junge, hübsche Frau, die ihm über den Weg läuft. Ihm auf die Schultern tippt. Und sich dann doch enttäuscht abwendet, als sie sein Gesicht nicht erkennt.
Oder der kleine farbig Junge, mit dem er Fußball spielt. Und mit dem er mehr verbindet als die schlechte Nachricht, die er der Mutter übergeben muss.
Aber auch gute Verwechslungen. Etwa im mexikanischen Konsulat. Dort wollte er nur die Briefe des Toten aus Paris abgeben. Und prompt wird er mit diesem verwechselt. Eine Möglichkeit eröffnet sich. Eine Schiffspassage nach Mexiko. Für ihn und seine Frau. Aber diese, das weis er aus den inzwischen geöffneten Briefen, hat sich von ihrem Mann losgesagt. Also er allein. Auch kein Problem.
Und dann beginnt das Warten. Das Schiff fährt ja erst in drei Wochen. Und überhaupt, das Schiff legt ja zuerst in Amerika an. Transitvisa müssen besorgt werden. Doch auch da hilft sein Ruf als herausragender Schriftsteller und Journalist. Und sein Transit durch Südfrankreich scheint eine überschaubare Episode in seinem Leben zu bleiben.
Aber menschliche Beziehungen lassen sich nicht einfach abschalten. Und überhaupt, was wäre das für eine Geschichte, wenn nicht die Gestalt der jungen Frau erklärt würde? Hier nur soviel, sie wird erklärt.
Aber auch andere Ungereimtheiten, oder sagen wir lieber Varianten, der Wirklichkeit machen den Film speziell. Etwas werden die Nazis als ebensolche beschrieben. Das Ganze erinnert stark an Paris und Frankreich, bevor die Deutschen im 2. Weltkrieg diese überrannt haben. Allerdings spielt die Geschichte ganz klar in der Gegenwart. Es sei denn, es gab schon in den 40ern Krankenwagen wie heute, und Reklame wie heute und Schiffe wie heute.
Vielleicht spielt die Geschichte ja auch in Syrien. Und nur die Namen der Städte wären vertauscht. Oder in irgendeinem andern Transitland. So was wie Griechenland oder der Türkei. Hat sich da in den letzten hundert Jahren irgendwas geändert? Jedenfalls ist der Wert der Visen genau so hoch wie die im Film Casablanca. Ein Menschenleben eben.
Hier geht es auch darum, was man bereit ist zurückzulassen. Eine Ehefrau die einen eigentlich schon verlassen hat. Oder einen Jungen, der dann tief enttäuscht ist.
Dabei ist dieser moralische Exkurs nicht einfach. In manchen Dingen doch etwas zu streng aufgebaut. Auch wenn er in den menschlichen Dimensionen wieder überzeugt.
Daher vergebe ich fünf von sechs Hüten.
–>
Technisches:
Regie: Christian Petzold Andere Filme: Barbara (2012), Yella (2007), Gespenster (2005)
Buch:
- Christian Petzold Andere Filme: Barbara (2012), Yella (2007), Gespenster (2005)
- Anna Seghers Andere Filme: Der gerechte Richter (2000), Der Aufstand der Fischer von St. Barbara (1988), Der Mann und sein Name (1983)
Schauspieler:
- Franz Rogowski (als Georg) Andere Filme: Lux: Krieger des Lichts (2018), Fikkefuchs (2017), Tiger Girl (2017)
- Paula Beer (als Marie) Andere Filme: Frantz (2016), 4 Könige (2015), Das finstere Tal (2014)
- Godehard Giese (als Richard) Andere Filme: A Cure for Wellness (2016), Jeder stirbt für sich allein (2016), Im Sommer wohnt er unten (2015)
Kamera: Hans Fromm Andere Filme: Barbara (2012), Bedingungslos (2007), Pakt der Wölfe (2001)
Musik: Stefan Will Andere Filme: Fremder Feind (2017), Desaster (2015), Wolfsburg (2003)
Verleih: Piffl Medien
FSK: 12
Laufzeit: 101 Minuten
Genre: Drama
Kinostart: 05. April 2018
Homepage: Transit
IMDB: imdb
Wikipedia: wiki