Filmkritik zu:
Die perfekte Kandidatin
von Reinhard
Über den Film:
Es ist ein Märchen, das hier erzählt wird. Eines das aus Schlamm entsteht.
Denn die Straße vor der Klinik ist eine einzelne Schlammgrube. Die Straße sollte schon lange mal gemacht werden, findet die Ärztin. Das ist nicht nur ein Ärgernis, es ist auch echt hinderlich, etwa wenn es um den Transport der Kranken geht. Aber wer hört schon auf eine Frau, in Saudi-Arabien.
Jedenfalls nicht der ältere Patient, der sich beharrlich weigert, von einer Frau behandelt zu werden. Oder ihr Chef, der sie zurückpfeift.
Sie will weg. Es gibt da eine Stelle, die würde passen. Etwas weiter weg, doch das ist der Aufwand wohl wert. Aber zuerst muss sie sich bewerben, und dazu nach Dubai. Dann geht was schief, oder es passiert genau das Richtige. Das mag der Zuschauer entscheiden. Jedenfalls ist Maryam am Ende des Tages nicht in Dubai, sie ist Kandidatin für den Stadtrat. Immerhin eine Möglichkeit etwas zu bewegen. Etwa die Straße richten zu lassen.
Ihre beiden Schwestern sind da skeptisch. Was werden die Leute denken, und so. Ihre gleichaltrige Schwester hat Befürchtungen um den Job, sie richtet Hochzeiten aus. Die Jüngere ist ‚eh eher dagegen. Der Vater ist aber weg, auf Konzerttournee. Und trauert sowieso mehr um seine Ehefrau, die Mutter, die vor einem Jahr gestorben ist.
Immerhin, die ältere Schwester lässt sich einspannen. Denn Maryam hat Blut geleckt. Ein Video wird produziert und online gestellt. Die Meinungen dazu sind, wie zu erwarten, geteilt. Viele Stimmen sind, im konservativen Saudi-Arabien, gegen eine Frau als Kandidatin. Aber davon lässt sich die Ärztin nicht beeindrucken. Eine Spendengala wird organisiert. Natürlich nur mit Frauen, das macht es einfacher, weil man sich nicht ständig verschleiern muss, nur weil ein Mann dabei ist.
Der Abend läuft auch gut, es kommt Stimmung auf. Aber ob es für die Kandidatin einen Vorteil gebracht hat ist zweifelhaft. Viele Frauen nehmen ihr Wahlrecht erst gar nicht in Anspruch. Andere wollen erst den Mann fragen.
Und so wird die ein Bild des gegenwärtigen Saudi-Arabiens gezeichnet. Wo Frauen Menschen zweiter Klasse sind. Die eine Erlaubnis brauchen, wenn sie Fliegen wollen, und um die Anerkennung im Job kämpfen müssen, jeden einzelnen Tag.
Aber auch ein Bild starker Frauen die ihren Weg gehen. Doch das ist leicht gesagt für einen Mann in Deutschland, der hier geboren und aufgewachsen ist. Aber noch vor zwei ~ drei Generationen war es auch hier noch Gesetz, das eine Frau nur einen Job annehmen konnte, oder ein Bankkonto eröffnen durfte, wenn der Ehemann zugestimmt hat. Und dass sich dies in 50-60 Jahren geändert hat, gibt auch Hoffnung für die arabische Welt. Auch wenn es aktuell nicht so aussieht, als ob sich dort viel verändert.
Aber schon das ein solcher Film produziert worden ist doch ein Zeichen der Hoffnung.
Dabei ist der Film gut. Jenseits aller gesellschaftlichen Klischees. Auch, wenn die Geschichte schnell vorhersagbar ist. Aber es gibt, gegen Ende, dann doch überraschende Wendungen.
Ich kann den Film empfehlen. Daher bekommt er vier meiner sieben Hüte. Also „guter Film“.
Technisches:
Originaltiel: The Perfect Candidate
Regie: Haifaa Al-Mansour Andere Filme: Alte Zöpfe (2018), Mary Shelley (2017), Das Mädchen Wadjda (2012)
Buch:
- Haifaa Al-Mansour Andere Filme: Mary Shelley (2017), Das Mädchen Wadjda (2012)
- Brad Niemann Andere Filme: –
Darsteller:
- Mila Al Zahrani (als Dr. Maryam Alsafan) Andere Filme: –
- Nora Al Awad (als Sara) Andere Filme: –
- Dae Al Hilali (als Selma) Andere Filme: –
Kamera: Patrick Orth Andere Filme: Das freiwillige Jahr (2019), Toni Erdmann (2016), Sommer ’04 (2006)
Musik: Volker Bertelmann Andere Filme: Hotel Mumbai (2018), Lion: Der lange Weg nach Hause (2016), The Boy (2015)
Verleih: Neue Visionen
FSK: 0
Laufzeit: 104 Minuten
Genre: Drama
Start: 12. März 2020
Homepage: Homepage
IMDB: imdb
Wikipedia: wiki