Filmkritik zu:
Ewige Jugend
von Reinhard
Über den Film:
Der Dirigent sitzt im Garten des Hotels. Mit einer kleinen Lüge bringt er seinen Gast dazu nicht zu rauchen, was diesen noch nervöser macht. Der Gast macht ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann. Und der Dirigent schlägt es aus. Die Szene wird vom Schauspieler beobachten, diesem gefällt die Art des Dirigenten.
Das Hotel ist eine Augenweide. Irgendwo in den Schweizer Alpen, abgeschieden, ruhig. Genau das, was unruhige Geister brauchen, zwischen zwei Auftritten oder zwei Engagements. Der Dirigent braucht das eigentlich nicht mehr. Er ist im Ruhestand, seine Frau, nun die ist nicht dabei.
Dafür ist sein Freund der Regisseur, ein paar Zimmer weiter, noch sehr aktiv. Nicht jünger als er, hat er eine Truppe von jungen Schreibern um sich gesammelt um für seinen nächsten, vielleicht letzten, Film das Drehbuch zu schreiben. Sein Testament, wie er es nennt.
Aber es gibt noch mehr Personen, oder besser gesagt Typen, die auftauchen. Etwa den ehemaligen Fußballer, der sein Gewicht in Gold wert war. Und sein Gewicht ist inzwischen heftig. Allerdings hat er, bzw. seine Begleiterin, auf einem kleinen Wägelchen immer die Sauerstoffflasche dabei. Und die wird auch benötigt.
Oder die Tochter oder den jungen Geiger oder den Mönch. Oder die junge Masseuse, die nicht viel spricht. Und während sie die alten Körper pflegt, davon träumt, berühmt zu werden.
Überhaupt sind die Bediensteten die heimlichen Helden. Wenn gezeigt wird wie sie sich liebevoll um die alten Leute kümmern, die vielleicht nur einmal in ihrem Leben etwas richtig gemacht haben, und deshalb jetzt sich das Leisten können. Es gibt viele Miniaturen, zumeist ohne Worte, die deren Einsatz ehren.
Aber auch die Skurrilität, die so ein Ort bietet, wird gezeigt. Am Offensichtlichsten zu sehen am Abendprogramm am Pool. Oder auch die Suche nach der Quelle des Geigenspiels. Oder die nackten, alten Körper in der Sauna.
Aber nicht alles ist schön. Der Tochter läuft der Mann davon, zum Drehbuch will kein Ende einfallen.
Und doch.
Das romantischste das der Dirigent jemals sagte, bekommt ausgerechnet der Bote der Queen zu hören. Und das schönste Kompliment, das der Schauspieler zu hören bekommt, ist nicht von Miss Universe, sondern von einem kleinen Mädchen, das aus einem seiner Filme etwas gelernt hat.
Ansonsten ist die wichtigste Frage im Film, wie denn heute das Pissen war. Manche Freuden können so einfach sein.
Zusammengehalten werden diese Geschichten durch ein wunderbares Arrangement an Musik. In dem mal Alpenhörner auftauchen oder auch ein MTV-Video Clip (die schrecklichsten Minuten des Films) oder eine Band, die, mit mittelprächtigem Erfolg, aktuelle Hits von sich gibt.
So ein Film kann eigentlich nur schief gehen. Um so bemerkenswerter das es hier klappt. Sehr gut sogar. Und deshalb eine uneingeschränkte Empfehlung von mir.
Technisches:
Original Titel: Youth
Regie:
Paolo Sorrentino Andere Filme: La Grande Bellezza – Die große Schönheit (2013), Il Divo – Der Göttliche (2008), Le conseguenze dell’amore (2004)
Buch:
Paolo Sorrentino Andere Filme: La Grande Bellezza – Die große Schönheit (2013), Il Divo – Der Göttliche (2008), Le conseguenze dell’amore (2004)
Schauspieler:
- Harvey Keitel (als Mick Boyle) Andere Filme: Grand Budapest Hotel (2014), Moonrise Kingdom (2012), Das Vermächtnis der Tempelritter (2004)
- Michael Caine (als Fred Ballinger) Andere Filme: The Dark Knight Rises (2012), Inception (2010), Prestige – Die Meister der Magie (2006)
Kamera: Luca Bigazzi Andere Filme: La Grande Bellezza – Die große Schönheit (2013), Venezianische Freundschaft (2011), Giulia geht abends nie aus (2009)
Musik: David Lang Andere Filme: Independent Lens (2011), The Woodmans (2010), Amelia (2003)
Verleih: Wild Bunch
Laufzeit: 118 Minuten
Genre: Drama, Comedy
Kinostart: 26 November 2015
Wikipedia: wiki
IMDB: imdb