Filmkritik zu:
24 Wochen
von Reinhard
gesehen auf dem FddF 2016
Über den Film:
Die Freude ist groß, als sich was Kleines ankündigt.
Sie steht auf der Bühne, im Rampenlicht. Er ist Ihr Manager. Zusammen haben sie ein Haus und ein süßes Mädchen. Und jetzt kommt das 2. Kind, das Glück scheint perfekt.
Aber die Welt ist nicht perfekt.
Die Natur macht auch mal Fehler. Und so einer ist hier passiert. Nach den üblichen Vorsorgeuntersuchungen ist klar, das Kind hat das Downsyndrom, ist bzw. wird, mongoloid. Plötzlich stehe zur Debatte, ob der Fötus abgetrieben werden soll. Harte Gespräche zwischen den Eltern folgen. Ein Besuch in einer entsprechenden Einrichtung hat da schon eher was von Freakshow, und verängstigt die Eltern mehr als es hilft. Trotzdem, eher aus dem Effekt heraus als rational begründbar, fällt die Entscheidung für das Kind.
Das wird dann auch, im Freundeskreis, bekannt gegeben. Und erste Risse entstehen. Das Kindermädchen will da nicht mitmachen, hat wohl selbst so einen Fall im Familienkreis. Die Oma, die Mutter der Frau, sieht auch nur Probleme. Und auch die Freunde wissen nicht unbedingt, wie man mit so einer Situation umgehen soll. Kann, darf, man den Eltern gratulieren, zu einem behinderten Kind?
Jedenfalls war nicht geplant, dass diese Information an die Öffentlichkeit kommt. Nicht jetzt schon. Aber trotzdem plappert das ein Radiosender aus und ist bald in aller Munde. Die Situation wird wieder schwieriger.
Aber die Zeit der Prüfungen ist noch nicht vorbei. Weitere Probleme werden entdeckt. Eine Operation wird, kurz nach der Geburt, notwendig sein. Überlebenschancen ungewiss. Aber auch wenn diese erfolgreich sein wird, wird ihr Kind wohl zeit seines Lebens ein Pflegefall sein. Gleichzeitig läuft die Uhr. Denn die Frage einer Spätabtreibung steht wieder im Raum. Doch der Termin rückt näher. Und die Eltern sind sich nicht einig. Eigentlich müsste man jetzt reden.
Und dieses Reden geschieht auch, aber nur sporadisch, bruchstückhaft. Beiden fällt es schwer über die Gefühle zu reden, die Ängste und Hoffnungen. Und dann reden die auch noch aneinander vorbei. Und das ist auch die Stärke des Films, das dieses, so verständliche Verhalten hier eindringlich gezeigt wird. Es geht nicht vordringlich um die Frage, behindertes Kind oder nicht. Es geht um zwei Menschen in einer Krisensituation aneinander geraten. Wo das so sorgfältig aufgebauter Lebensglück ins Wanken gerät und einstürzt. Oder doch nicht, nicht komplett jedenfalls?
Julia Jentsch und Bjarne Mädel gelingt es sehr eindringlich diese Situation für den Zuschauer miterlebbar zu machen. Und wenn im Gespräch nach dem Film gesagt wurde, das die Ärzte echte Ärzte waren, die beschriebenen Prozeduren auch so gemacht wird. Dann wundert man sich nicht über die Authentizität, die bis an die Schmerzgrenze geht.
Ganz großes Kino.
(Aber vielleicht nicht geeignet für Schwangere Frauen und den dazu gehörenden Männern)
Technisches:
Regie: Anne Zohra Berrached Andere Filme: Zwei Mütter (2013), Hunde wie wir (2012), E.+U. (2011)
Buch:
- Carl Gerber Andere Filme: Synkope (2011), Am Sonnenberg (2010), Peter Punk (2009)
- Anne Zohra Berrached Andere Filme: Zwei Mütter (2013), Hugo Cabret (2011), Der Pausenclown (2010)
Schauspieler:
- Julia Jentsch (als Astrid) Andere Filme: Auf Einmal (2016), Die Auserwählten (2014), Hannah Arendt (2012)
- Bjarne Mädel (als Markus) Andere Filme: Der Tatortreiniger (2012-2016), Stromberg – Der Film (2014), Mord nach Zahlen (2013)
Kamera: Friede Clausz Andere Filme: Akt (2015), Los Ángeles (2014), Zwei Mütter (2013)
Musik: Jasmin Reuter Andere Filme: Schmidts Katze (2015), Zwei Mütter (2013), Maimouna – La vie devant moi (2007)
Verleih: Neue Visionen Filmverleih
FSK: 12
Laufzeit: 103 Minuten
Genre: Drama
Kinostart: 11. August 2016
Wikipedia: wiki
IMDB: imdb