Filmkritik zu:
Vatersland
von Reinhard
Über den Film:
Die Kiste kommt. Die mit den Bildern und Filmen, die Ihr Vater gemacht hat. Und Marie ist jetzt in dem Alter, in dem Ihre Mutter war, als diese starb. Und ihre Tochter ist etwa so alt, wie sie damals war. Jedenfalls ein einschneidendes Erlebnis. Und dann beginnen die Rückblenden.
Erzählt wird die wahre Geschichte, die Petra Seeger erlebt hat. Aufgewachsen in Köln, allein deshalb ein passender Film für das Kölner Filmfestival.
Es beginnt in den 60ern. Die kleine Marie ist wohl keine 10 Jahre alt. Und die unbeschwerten Kindheitstage haben ein Ende. Denn die Mutter ist krank. Der Vater kümmert sich um sie, so gut er es kann. So gut wie ein Mann der 60er das kann. Und die Kinder kommen dabei zu kurz. Besonders Marie regiert unvernünftig. Aber will man das einem Kind vorwerfen? Der Vater macht das.
Er verlangt gehorsam. Dabei will Marie eigentlich nur Aufmerksamkeit. Der große Bruder ist auch keine Hilfe. Mal bekrabbeln die sich, mal halten sie zusammen. Geschwister halt.
Als dann Marie am Grab der Mutter steht, greif sie hilfesuchend nach der Hand des Vaters. Der sieht das nicht, will es vielleicht nicht sehen, kann damit nichts anfangen. Typisches Produkt der Nachkriegszeit.
Er organisiert dann den Haushalt streng. Jeder bekommt seine Aufgabe. Bis die Kinder rebellieren. Marie kommt in ein Internat. Nicht weit weg, und auch nur unter der Woche. Aber trotzdem ist es ein Schnitt, den man auch daran sieh das jetzt eine andere, etwas ältere Schauspielerin, die Figur spielt.
Insgesamt vier Schauspielerinnen spielen die Marie. Und Margarita Broich spielt nicht nur die Erwachsene. Sondern auch die Mutter, als diese am Anfang noch lebte. Eine Konstellation, die es sonst eher selten gibt. Und dabei ist das Projekt über eine lange Zeit entstanden. Wie die echte Petra Seeger erzählt, die nicht nur das Drehbuch schrieb, sondern auch Regie führte.
Mehr als 15 Jahre von der Kiste mit den Fotoalben bis zur Aufführung des fertigen Films in Köln. Fast ein Leben. Und diese Bilder sind es, die dem Film die Authentizität verleihen. Wie diese entstanden sind, wie die Familie ins rechte Licht gerückt wird. Aber eben nicht die Wirklichkeit aufzeigt, wie die erwachsene Marie beklagt.
Daher ist dieser intime Einblick in eine Familie mehr als ein Familiendrama. Es ist auch ein Sittengemälde der 60er. Und die 68er stehen vor der Tür. Bei denen der Bruder kräftig mitmischt. Und später auch Marie.
Aber es ist nicht einfach eine Geschichtsstunde. Dazu ist dann die Familiengeschichte auch zu stark. Es ist eine gute Mischung. Überzeugend gespielt. Besonders die kleine Marie ist eine Entdeckung.
Ich kann den Film empfehlen.
Er bekommt fünf meiner sieben Hüte, also „Sehr guter Film“.
Technisches:
Regie: Petra Seeger Andere Filme: Eine Herzenssache – Marga Spiegel und ihre Retter (2010), Auf der Suche nach dem Gedächtnis (2009), Wim Wenders, BAP und der Oscar (2002)
Buch: Petra Seeger Andere Filme: Eine Herzenssache – Marga Spiegel und ihre Retter (2010), Auf der Suche nach dem Gedächtnis (2009), Wim Wenders, BAP und der Oscar (2002)
Darsteller:
- Margarita Broich (als Marie / Marianne) Andere Filme: Unheimlich perfekte Freunde (2019), Zwei Herren im Anzug (2018), Das Tagebuch der Anne Frank (2016)
- Felizia Trube (als Marie) Andere Filme: Opa hat die Schnauze voll (2020), Der Lehrer (2020), Bettys Diagnose (2019)
- Momo Beier (als Marie) Andere Filme: Danowski – Blutapfel (2019), Katie Fforde (2018), Die kleine Hexe (2018)
- Stella Holzapfel (als Marie) Andere Filme: Henry (2015), Puppe (2012), Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen (2009)
Kamera: Hajo Schomerus Andere Filme: Es hätte schlimmer kommen können – Mario Adorf (2019), Kokolampy (2016), 10 Billion – What’s on your plate? (2017)
Musik: Dietmar Bonnen Andere Filme: Perestroika – Umbau einer Wohnung (2008)
Laufzeit: 118 Minuten
Genre: Drama, Familie
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