Filmkritik zu:
Adoration
von Reinhard
gesehen auf Sarajavo Film Festival 2019
Über den Film:
Paul ist kein Mann. Kaum ein Junge. Eigentlich noch ein Kind, wenigstens zur Hälfte. Jedenfalls verhält er sich so.
Etwa dem Vogel gegenüber der aus dem Nest gefallen ist, und den er pflegt. Daneben hilft er seiner Mutter.
Ein Vater ist weit und breit nicht zu sehen.
Seine Mutter arbeitet in diesem speziellen Heim. Und Paul darf auch kommen, wenn er die Regeln beachtet.
Als er die neue Patientin sieht, kann der 12-Jährige das aber nicht. Er spricht mit Gloria.
Was wiederum der Leiterin nicht gefällt. Mutter und Sohn werden zum Rapport einbestellt. Man darf nicht mit den Patienten reden. Jemand wie Gloria sieht und hört Dinge, die nicht da sind. Auch wenn sie noch so schreit und um sich schlägt, das muss man den Profis überlassen.
Das macht Paul natürlich nicht.
Und bald ist er wieder im Gespräch mit dem verrückten Mädchen. Nur dauert es manchmal, bis man das wirklich merkt.
Das diese die Heimleiterin über die Brüstung stößt, sollte schon ein starker Hinweis sein. Aber das war ja ein Unfall, oder nicht? Und der Körper auf dem Boden, ist Sie tot? Jedenfalls übernimmt Gloria die Führung, und Paul ist ihr ohnehin längst verfallen.
Und so beginnt die Flucht.
Dabei ist es, bei aller Gewalt, allem Schreien und Rennen, eher ein ruhiger Film. Mit viel Landschaft, viel Wasser, das es in Belgien reichlich gibt. Und Gloria will, nein muss, beim Wasser bleiben.
Da wird auch mal ein Hausboot gekapert. Was nur zu mehr Gewalt führt. Aber das ist wirklich nicht das Thema des Films.
Es ist, wie der Titel schon verrät, eben diese Anbetung. Das bedingungslose Folgen eines anderen Menschen. Bei einem Jugendlichen vielleicht noch verständlich.
Aber so ein Film in einer Stadt wie Sarajevo, das ist dann noch mal eine andere Größenordnung. Wer die Geschichte von 1992 bis ’95 kennt, und ich habe diese auch erst vor Tagen wirklich kennengelernt. Der hat ein beklemmendes Gefühl, wohin solch eine Abhängigkeit führen kann.
Und wenn das bei solchen Jugendlichen noch nachvollziehbar ist, so waren es erwachsene Männer die einem Führer, wie Slobodan Milošević, ihre Treue geschworen haben, und diese auch eingehalten haben.
Aber unabhängig von irgend einem historischen Hintergrund, den die Filmemacher eher nicht im Blick hatten, ist es einfach ein guter, überzeugender Film.
Von mir bekommt er fünf der neuen sieben Hüte.
Und da auch französisches Geld in dem Film steckt, habe ich Hoffnung, das dieser in absehbarer Zeit auf Arte kommt. Ich guck ihn dann ein 2. Mal.
Technisches:
Regie: Fabrice du Welz Andere Filme: Message from the King (2016), Colt 45 (2014), Alléluia (2014)
Buch:
- Fabrice du Welz Andere Filme: Colt 45 (2014), Alléluia (2014), Vinyan (2008)
- Romain Protat Andere Filme: Wohne lieber ungewöhnlich (2016), Alléluia (2014), Calvaire (2004)
- Vincent Tavier Andere Filme: Ich bin tot, macht was draus! (2015), Alléluia (2014), Atomik Circus – Le retour de James Bataille (2004)
Schauspieler:
- Thomas Gioria (als Paul) Andere Filme: Nach dem Urteil (2017)
- Fantine Harduin (als Gloria) Andere Filme: Amin (2018), Happy End (2017), Fannys Reise (2016)
- Benoît Poelvoorde (als Hinkel) Andere Filme: Der Sommer mit Pauline (2019), Ein Becken voller Männer (2018), Das brandneue Testament (2015)
Kamera: Manuel Dacosse Andere Filme: Gelobt sei Gott (2018), Axolotl Overkill (2017), Der Tod weint rote Tränen (2013)
Musik: Vincent Cahay Andere Filme: Message from the King (2016), Alléluia (2014), Calvaire (2004)
Laufzeit: 98 Minuten
Genre: Drama
IMDB: imdb
Wikipedia: wiki